Betriebliche Altersvorsorge

Lohnt sich eine betriebliche Altersvorsorge? Hier fassen wir pro und contra zusammen, damit Sie einen Überblick über das sehr komplexe Thema betriebliche Altersversorgung bekommen. Denn wenn Sie alle Fakten auflisten und gegenüberstellen, gibt es oft bessere Möglichkeiten zur Altersvorsorge als über den Betrieb, da die betriebliche Altersvorsorge viele Nachteile in sich birgt, die Ihnen auf den ersten Blick sicherlich nicht bewusst werden.
Alle hier oben genannten Stichpunkte werden auf dieser Seite weiter unten detailliert erläutert. Lesen Sie sich am besten alles in Ruhe durch, wenn Sie eine Betriebsrente haben oder in Erwägung ziehen eine Betriebsrente abzuschließen.
(Anmerkung: SV = Sozialversicherung, RV = Rentenversicherung, AV = Arbeitslosenversicherung, KV = Krankenversicherung, PV = Pflegeversicherung)

Pro

Steuerliche Förderung

Ersparnis SV-Beiträge

Arbeitgeberzuschuss

Contra

Volle Besteuerung der Rente

KV-Beitrag auf die Rente

PV-Beitrag auf die Rente

Weniger Arbeitslosengeld

Weniger Krankengeld

Weniger Elterngeld

Weniger Rente

Wenig flexibel bei Jobwechsel

Schlecht verzinste Geldanlage

Alternativen

Rürup-Rente

Riester-Rente

Privat-Rente

Die Förderung bei der betrieblichen Altersversorgung (Steuer & Sozialversicherung)

In diesem Teil befassen wir uns mit der häufigsten Form der betrieblichen Altersvorsorge, der Direktversicherung, bei der Sie als Arbeitnehmer i.d.R. auch ein Mitspracherecht haben, ob Sie selbst Beiträge einzahlen möchten oder nicht. Diese Form wird oft als „Gehaltsumwandlung“ bezeichnet, da Sie ihr Bruttoeinkommen umwandeln in eine Altersvorsorge, anstatt das Gehalt ausgezahlt zu bekommen. Ihr Arbeitgeber zahlt dann für Sie monatlich die Beiträge an den Anbieter der Direktversicherung wie z.B. Allianz, AXA usw., dadurch reduziert sich dann ihr Bruttogehalt. Haben Sie aktuell ohne betriebliche Altersvorsorge ein Bruttoeinkommen von 3.000€ und zahlen dann neuerdings 200€ pro Monat in eine betriebliche Altersvorsorge als Direktversicherung ein, dann beträgt Ihr steuer- und sozialversicherungspflichtiges Bruttoeinkommen nur noch 2.800€. Dadurch sparen Sie direkt Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, weil diese nur noch auf dem Gehalt von 2.800€ und nicht wie vorher auf 3.000€ berechnet werden. Vorher beträgt Ihr Nettoeinkommen 1.938€ und wenn Sie 200€ in die Betriebsrente einzahlen, dann beträgt Ihr Nettoeinkommen nur noch 1.834€. Ihr Aufwand beträgt also effektiv nur 104€, der restliche Beitrag zu den 200€ entspringt dem Steuervorteil und den geringeren Sozialversicherungsbeiträgen. Zusätzlich muss Ihr Arbeitgeber Ihnen seit 01.01.2019 verpflichtend 15% als Zuschuss zu einer neu abgeschlossenen Betriebsrente zuzahlen. Für vor 2019 abgeschlossene Verträge müssen die 15% Zuschuss erst ab dem Jahr 2022 gezahlt werden.

Die Förderungen der Entgeltumwandlung sind auf die Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) der Sozialversicherung maximiert. Wenn Sie nach der Gehaltsumwandlung in die Betriebsrente weiterhin oberhalb der BBG verdienen, dann haben Sie keine Sozialversicherungsersparnis. Für die Kranken- und Pflegeversicherung liegt die BBG bei 4.537,50€ pro Monat, für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung bei 6.900€ (West) bzw. 6.450€ (Ost).

Beispiel 3.000€ Brutto

ohne bAV mit bAV
Brutto „alt“  3.000,00€ 3.030,00€
(mit 15% vom AG)
– bAV 0 230,00€
Brutto „neu“ 3.000,00€ 2.800,00€
– Steuer 463,90€ 407,42€
– SV gesamt 603,75€ 563,50€
 – RV 279,00€ 260,40€
 – AV  36,00€ 33,60€
 – KV 235,50€ 219,80€
 – PV  53,25€ 49,70€
Netto 1.932,35€ 1.829,08€

Ihr Nettoaufwand beträgt somit 103,27€.

Beispiel 5.000€ Brutto

ohne bAV mit bAV
Brutto „alt“  5.000,00€ 5.030,00€
(mit 15% vom AG)
– bAV 0 230,00€
Brutto „neu“ 5.000,00€ 4.800,00€
– Steuer 1.130,77€ 1.049,76€
– SV gesamt 976,18€ 955,18€
 – RV 465,00€ 446,40€
 – AV 60,00€ 57,60€
 – KV 367,97€ 367,97€
 – PV 83,21€ 83,21€
Netto 2.893,05€ 2.795,06€

Ihr Nettoaufwand beträgt somit 97,99€.
(Keine Förderung bei KV + PV, weil über der BBG.)

Nachteile der Förderung

Die steuerliche Förderung der Direktversicherung und spätere Besteuerung im Rentenalter ist in der Höhe identisch mit der Förderung bei Riesten-Renten und fast identisch mit der Förderung von Rürup-Renten. Die Nachteile der Förderung bei der Direktversicherung bestehen in den fehlenden Sozialversicherungsbeiträgen, für die Sie auch weniger Leistungen erhalten. Dabei fehlt nicht nur der Arbeitnehmerbeitrag, sondern auch der Arbeitgeberbeitrag. Aus unserem Beispiel mit 3.000€ Bruttoeinkommen ergeben sich dann geringere Leistungen beim Arbeitslosengeld I, beim Krankengeld während mehr als 6 wöchiger Krankheit, bei der gesetzliche Rente ab dem 67. Lebensjahr und auch beim Elterngeld:


Arbeitslosengeld
-62€
nur noch 1.076€
statt vorher 1.138€
Quelle: ALG 1 Rechner


Krankengeld
-90€
nur noch 1.614€
statt vorher 1.704€
Quelle: Krankengeldrechner


Rente
-54€
nur noch 1.050€
statt vorher 1.105€
Quelle: Rentenrechner


Elterngeld
-65€
nur noch 1.111€
statt vorher 1.176€
Quelle: Elterngeldrechner

Die Direktversicherung ist zudem an den Arbeitgeber gebunden. Der Arbeitgeber ist Versicherungsnehmer, Sie sind lediglich die Versicherte Person, also nicht der tatsächliche Vertragspartner der Versicherung. Sie können die Verträge zwar theoretisch bei einem Arbeitgeberwechsel zum nächsten Arbeitgeber mitnehmen, in der Praxis werden viele Betriebsrenten dann aber beitragsfrei gestellt und nicht weiter bezahlt. Das liegt vor allem daran, dass viele Arbeitgeber ihre eigenen Modelle für die betriebliche Altersvorsorge bereits implementiert haben und ausschließlich deren eigenes Modell zulassen. Sie können dann zwar das bisherige Deckungskapital aus dem Alt-Vertrag auch mitnehmen, allerdings haben Sie dann auch beim Neuabschluss beim neuen Arbeitgeber wieder die neuen Abschlusskosten, die komplett gezahlt werden müssen. In der Theorie klingt das immer gut und flexibel, in der Praxis scheitert die flexible Mitnahme des vorherigen Vertrags oder des Kapitals aber an unflexiblen Arbeitgebern und den doppelten Gebühren, die Ihr Altersvorsorgekapital dann ständig ausbremsen bei Wechsel des Arbeitgebers.

Abgaben im Rentenalter

Die Auszahlungen der Betriebsrente werden zu 100% versteuert, hier greift allerdings der Hebeleffekt, dass Sie heute im Erwerbsleben ein höheres Einkommen und einen höheren Steuersatz haben als im Rentenalter. Dadurch sparen Sie heute sehr wahrscheinlich mehr Steuern, als Sie später wieder zurückbezahlen müssten über die Besteuerung der Auszahlung. Das Prinzip ist steuerlich gesehen genauso wie bei Riester und Rürup.
Allerdings müssen Sie auf die Betriebsrente auch noch Sozialversicherungsbeiträge im Rentenalter bezahlen, nämlich für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Diese Beiträge müssen Sie komplett alleine zahlen, es gibt keinen Zuschuss vom Arbeitgeber oder von der Rentenversicherung. Stand heute liegt beides bei einem Beitragssatz von ca. 18%. In der Zukunft werden die Beitragssätze aufgrund des demographischen Wandels wahrscheinlich steigen. Eine Belastung von 25%-30% im Rentenalter ist denkbar, zusätzlich kommt noch die Besteuerung von z.B. 25%-30% dazu. Dann würden Sie Abgaben von 50-60% auf Ihre Betriebsrente bezahlen müssen. Bei einer Betriebsrente von brutto 1.000€ bleiben dann gerade einmal 400-500€ netto übrig.

Auf Ihre Betriebsrente werden Sie später Sozialversicherungsbeiträge für Krankenversicherung und Pflegeversicherung von 25-30% bezahlen.

Geldanlage bei der betrieblichen Altersvorsorge

Betriebsrenten haben fast immer eine 100% Beitragsgarantie, das heißt, dass Ihre eingezahlten Beiträge zum Rentenbeginn auch für die Auszahlung als Kapital oder als Rente zur Verfügung stehen müssen. Was für viele Kunden zunächst gut klingen mag, hat entscheidende Nachteile bei den Renditechancen. Denn selbst „fondsgebundene“ Betriebsrenten sind niemals(!) wirklich fondsgebunden, da ein Großteil des Beitrags vom Versicherer sicher investiert werden muss, um die 100% Beitragsgarantie auch gewährleisten zu können. Auch bei fondsgebundenen Betriebsrenten fließt also nur ein kleiner Teil der Beiträge in die langfristig renditestarken Fonds.

Nebenstehend finden Sie eine Auswertung von der Württembergischen Versicherung, die fondsgebundene Tarife mit unterschiedlichen Garantiestufen anbietet. Über einen Zeitraum von 10 Jahren zwischen 2009 und 2019 erzielten Sie mit 100% Beitragsgarantie eine Rendite von 3,73% pro Jahr, bei einer 80% Beitragsgarantie liegt die Rendite bei 5,29% pro Jahr und ohne Garantie betrug die Rendite sogar 6,42% pro Jahr. Bei einer Betriebsrente während Sie natürlich auf die Variante mit 100% Garantie und 3,73% Rendite pro Jahr festgelegt und nicht flexibel in der Anlage. Es ist also realistisch, dass Sie bei Produkten ohne den Zwang zur Garantie bessere Renditen als bei einer Betriebsrente erzielen werden.

Hier finden Sie einen knapp 5 Jahre alten bAV-Vertrag mit einem Beitrag von 276€ pro Monat. Der aktuelle Gesamtwert liegt bei 10.281€. Davon sind 7.747€ in der sicheren Verzinsung mit etwa 2% p.a Verzinsung angelegt. Weitere 2.500€ sind im Wertsicherungsfonds und lediglich 34€ sind in den renditestarken freien Fonds. Durch die 100% Beitragsgarantie muss zwangsläufig die Garantie hoch gehalten werden, obwohl die Laufzeit sogar noch über 30 Jahre beträgt. Für den Kunden lohnt sich dieser Vertrag daher leider kaum, da der Großteil des Geldes sicher angelegt wird und diese sichere Teil mit 2% Verzinsung eben gerade einmal auf dem Niveau der Inflation liegt. D.h. der Vertrag erzielt zum Großteil gar keine echten Gewinne, sondern liefert lediglich einen Erhalt der Kaufkraft. Daher sind Private- oder Rürup-Renten für die Altersvorsorge i.d.R. besser geeignet, da Sie dort viel stärker in Fonds investieren können und dennoch nicht auf Garantien verzichten müssen. Die Garantien können Sie bei diesen Alternativprodukten sogar jederzeit flexibel an die Marktlage anpassen. Bei einer Betriebsrente kaufen Sie dagegen immer die 100% Beitragsgarantie mit, die keinerlei Flexibilität bietet und eine schlechte Verzinsung mit sich bringt.

Alternativen zur betrieblichen Altersvorsorge

Die ersten Alternativen sind die geförderten Produkte der Riester-Rente und Rürup-Rente. Bei beiden spielen Ihr Arbeitgeber und spätere Jobwechsel keine Rolle, da beide Verträge direkt Ihnen selbst gehören als Versicherungsnehmer. Die steuerliche Betrachtung ist quasi die gleiche wie bei der Betriebsrente, Sie setzen die Beiträge von der Steuer ab und zahlen später die geringeren Steuern auf die Rente. Die Riester-Rente hat bei der Geldanlage allerdings die gleiche Problematik der 100% Beitragsgarantie, wodurch die Renditechance um ca. 2% gegenüber einer Rürup-Rente niedriger liegt. Bei langen Laufzeiten und wenn Sie langfristig hohe Beiträge einzahlen möchten, lohnt sich die Rürup-Rente dann mehr.

Wie hoch ist Ihre spätere Rente?

Bei unserem obigen Beispiel mit 5.000€ Bruttoeinkommen hätten Sie einen Aufwand von 98€ für 230€ Sparrate. Für die Rürup-Rente nehmen wir dann ebenfalls einen Aufwand von 98€ nach Steuern an. Bei 5.000€ Bruttoeinkommen sind das 80€ steuerliche Förderung bei der Betriebsrente, daher rechnen wir die Rürup-Rente mit einem gesamten Sparbeitrag von 178€. Bei der Rürup-Rente fehlen die 15% Arbeitgeberzuschuss und die Ersparnisse bei den SV-Beiträgen, daher kommen wir nur auf 178€ Sparbeitrag, während die Betriebsrente auf 230€ Sparbeitrag kommt.

Betriebsrente

Beitrag 230€
Laufzeit 35 Jahre
Zins 4%
Kapital 207.684€
Bruttorente 865€
– Steuer
(Beispiel 25%)
216€
– Krankenversicherung
(Beispiel 20%)
173€
– Pflegeversicherung
(Beispiel 5%)
43€
Nettorente 433€

Rürup-Rente

Beitrag 178€
Laufzeit 35 Jahre
Zins 6%
Kapital 245.760€
Bruttorente 1024€
– Steuer
(Beispiel 25%)
256€
Nettorente 768€

77% mehr Nettorente bei Rürup! (768€ zu 433€)

Anmerkung: Die Berechnungen habe ich mit diesem freien Rechner durchgeführt: zinsen-berechnen.de/sparrechner. Bei der Brutto-Rentenhöhe haben einfach das Kapital aufgeteilt für 20 Jahre, also die 207.684€ und die 245.760 geteilt durch 12 Monate und geteilt durch 20 Jahre als beispielhafte Rentenleistung. Die 2% Renditeunterschied sind aufgrund der unterschiedlichen Beitragsgarantien sehr realistisch.

Flexible Garantien bei der Rürup-Rente
Sie müssen bei der Rürup-Rente auf keinen Fall auf Garantien verzichten, wir empfehlen oft eine Garantie von 50% zu Beginn. Dadurch kann heute schon mehr Geld in die Fondsanlage fließen, um größere Renditechancen nutzen zu können. Später kann diese Garantie dann automatisch mitwachsen und auch weit über 100% der Beiträge hinaus gehen. Mehr dazu finden Sie auf unserer Seite zur Altersvorsorge: hauke-simonsen.de/altersvorsorge.